Der Strunderbach und seine Mühlen.

 

 

Wer als Fremder den an einigen Stellen unseres Heimatortes noch offen fließenden Strunderbach, einen unscheinbaren und oft übelriechenden Wasserlauf sieht, der kann sich kaum vorstellen, daß dieser Bach einmal Lebensquell für eine blühende heimische Industrie war und für einen großen Teil der Bevölkerung die Existenzgrundlage bildete.

Die Wechselbeziehungen eines Wasserlaufes zu seinen Anwohnern sind landschafts- und volkstumsbedingt verschieden. Bei großen Flüssen wird ein Nutzen besonders dadurch augenfällig, daß sie selbst als Verkehrswege dienen und außerdem andere Verkehrsver­bindungen mit Handel und Wandel an sich ziehen. Welchen Nutzen aber kann sich der heute hier lebende Mensch vom Strunderbach erhoffen?

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Allenfalls die Älteren unter uns wissen noch aus eigener Anschauung, daß sich einmal die hiesige Landwirtschaft in trockenen Sommern mittels eines Flutgrabennetzes des Strunder­baches zur Feldbewässerung bediente. Sie erinnern sich auch noch gerne an strenge Winter­monate, in denen sie als Knaben abends im Schutze der Dunkelheit die Schleusen öffneten, um dann am Morgen weit überschwemmte Wiesen vorzufinden. Die danach entstehenden großen Eisflächen waren tage- und wochenlang Anziehungspunkt für Kinder und Jugend­liche aus der ganzen Umgebung. Dieses fröhliche, lärmende Leben war kaum noch von Volksfesten zu überbieten. Aber diese Art von Bachbenutzung war nur eine der letzten und dazu noch von untergeordneter Bedeutung. An dieser Stelle soll vornehmlich des Nutzens gedacht werden, den der Strunderbach den anliegenden Ortschaften durch seine Wasserkraft brachte. Wer eine Geschichte aller Orte an der Achse Köln Bergisch Gladbach schreibt, kann an der Bedeutung der Wasserkraft für die wirtschaftliche Entwicklung nicht vorbei­gehen. Dies mag auch eine der Ursachen dazu sein, daß der Bach vielen Orten den Namen gab. Hier sind zu nennen: Herrenstrunden, Strundorf, Gladbach (glad klar), Strunden, Schnellweide, Holweide und schließlich auch noch Mülheim. Das ist aber noch keine Be­sonderheit gegenüber anderen Gegenden und anderen Wasserläufen.

Hier wurde der glückliche Umstand, daß besonders günstige klimatische und geologische Verhältnisse vorgefunden wurden, zu einem Segen. Die günstigen Verhältnisse wurden von unternehmungsfreudigen und weitsichtigen Menschen erkannt. Dadurch bahnte sich eine Entwicklung an, die über das späte Mittelalter hinaus bis in die Neuzeit der Bevölkerung reichen Segen brachte.

Da müssen zunächst die überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen am Westrand des Bergischen Landes genannt werden. Sie sind nämlich nach jahrelangen exakten Messun­gen um 40 - 500/0 höher, als z. B. in Köln. Im östlichen Vorgelände von Köln, in dem wir uns hier befinden, herrschen überwiegend Westwinde. Sie laden beim Aufsteigen über die Gebirgsränder zwangsweise ihre Wasserfracht ab. Daraus erklärt sich die Tatsache, daß das rechtsrheinische Gebiet weitaus mehr Zuflüsse zum Rhein bringt, als das linksrheinische Gelände. Aber auch diese sind nicht alle so beständig wasserreich, wie der Strunderbach.

Zweitens liegt das Strundertal geologisch gesehen in der Längsachse einer großen dreieckigen Kalkmulde. Von der bedeutenden Kalkindustrie um Bergisch Gladbach wird später noch zu sprechen sein.

In einem Kalkgebirge entstehen durch die Zersetzung des Kalksteines unter Regenein­wirkung zahlreiche Klüfte und Höhlungen. Gierig nimmt der Kalkboden die Regenmassen auf, die auf den waldbestandenen Höhen um das Tal niederfallen. Sie werden in zahlreichen kleinen und kleinsten Wasseradern dem Taigrund zugeführt.

Plötzliche und gewaltige Regenfälle überschwemmen den Bach nicht so sehr wie das in anderen Gebirgen vorkommt, aber es sammeln sich reichliche Reserven im Boden an, die den Wasserlauf immer und stetig speisen, so daß er als zuverlässiger Kraftspender zum Aufbau gewerblicher Betriebe anreizt.

 

Es wird vermutet, daß der Strunderbach, bevor er an die Oberfläche tritt, ein größeres Stück unterirdisch fließt. Darauf deutet auch die folgende Sage hin:

In früheren Zeiten entsprang die Strunde weit oberhalb der jetzigen Quelle bei Spitze. Die Quelle führte den Namen „Asenborn“ und wurde als heilig angesehen. In ihrer Nähe befand sich im Tal eine wundersame Höhle, in der kleine Männlein und Weiblein wohnten. Sie waren zu allerlei wundersamen Dingen nützlich und hielten sich auch eine kleine Viehzucht. Dieses Vieh ließen sie auf den vor ihrer Hütte gelegenen, aber auch auf den weiter abwärts liegenden Wiesen des Spitzenmüllers weiden. Der geizige und hartherzige Müller verbot ihnen dies und drohte, das Vieh zu erschießen. Das harmlose Völkchen nahm die Drohung nicht ernst. Als nun wieder einmal ein Heidenweiblein eine Kuh auf die Müllerwiese ge­trieben hatte, eilte der Müller mit seinem Gewehr herbei. Das Weiblein rief ihm mit drohender Stimme zu:

„Schießt Du mein Kühlem, die Brung,

So soll springen der Bach dort zu Strung!“

 

Der Müller ließ sich nicht einschüchtern und legte das Tier mit einem wohlgezielten Schuß um. Wutschnaubend sprang das Weiblein zum Bach und murmelte unter Beschwörungs­formeln:

 

„Stocke, stocke, Asenborn.

Dich verschwünschet Heidenzorn.

Quelle tiefer in dem Tal

Wieder an den Sonnenstrahl.

Sprudle durch die finstre Macht

Zu Herrenstrunden aus der Nacht.“

 

Als der Müller wieder zum Bach und zur Mühle kam, war das Bachbett trocken. Seine Mühle war wertlos.

Der Bach entspringt seitdem in Herrenstrunden. Die Zwerge aber waren für immer ver­schwunden.

Den Namen Strunde leitet man von „strudeln“, „frisch, lebendig quillen“, ab. In der Tat tritt die Strunde mit jugendlicher Kraft und in zahlreichen Einzelquellen aus dem Unter­grund. Etwa 150 Meter abwärts des eigentlichen Quelltopfes, im Teich der ehemaligen Komturei Herrenstrunden, treten alleine in der Minute 50 cbm Wasser aus der Erde. Ohne langen Anlaufweg trat im Mittelalter die Strunde ihre Arbeit an, indem sie dort die Mühle der Komturei trieb. Damit begann eine sehr dichte Kette von Arbeitsstellen. Der Geschichts­schreiber des Bergischen Landes Zuccalmaglio nennt die Zahl von 51 Mühlen, die sich an dem Bachlauf bis zu seiner etwa 20 km entfernten Mündung befunden haben sollen. Das bedeutet, daß man bei einem Gang entlang des Bachbettes durchschnittlich alle 5 Minuten eine Mühle klappern hörte. Aus ihrer Existenz erwuchs blühender Handel und Verkehr mit weit über das Rheinland, sogar in das westliche Ausland reichenden Beziehungen. Die stärksten Beziehungen bestanden natürlich mit der nahegelegenen Hansestadt Köln. Zunächst gab es durch die Ursprünge der Ansiedlung bedingt, Getreidemühlen, die für das tägliche Brot zu sorgen hatten. Später traten aber gewerbliche Aufgaben an die Mühlen heran. Da kamen z. B. die Gerber aus der Weißbüttengasse und vom Rothgerberbach. Sie ließen in den östlichen Wäldern Eichenrinde schälen und am Strunderbach zu Lohe mahlen. Die Färber vom Blaubach ließen ausländische Hölzer zerfasern, so daß dadurch Farbstoffe gewonnen wurden. Die Kölner Tabakhändler ließen Abfalltabak zu Schnupftabak mahlen und böse Zungen behaupteten oft, wenn der Schnupftabak zu dunkel war, man habe Braun-kohlenstaub aus den Braunkohlengruben bei Heidkamp untergemengt. Dann kamen die Ölhändler und ließen aus Leinsamen, Raps, Nüssen und Bucheckern Öl schlagen. In hiesigen Familien findet man noch oft den Namen „Ölschläger“ bzw. „Olig­schläger“. Andere Mühlen stellten Obstkraut her. Tuche und Leder wurden in den jeweils dafür ein­gerichteten Mühlen gewalkt (d. h. geschlagen, geknetet, verfilzt) und für die endgültige Verarbeitung vorbereitet. Harnische und Schwerter der weit in Deutschland berühmten Zunft der Kölner Schwertfeger wurden geschliffen bzw. poliert. Für die immer weiter um sich greifende Besiedlung waren Kalkmühlen von großem Nutzen. Nach den Kreuzzügen entstanden wieder neue Aufgaben durch die Einfuhr von orientalischen Gewürzen, die gemahlen werden mußten. Schließlich entstanden, nachdem das Schießpulver erfunden war, auch noch Pulvermühlen. Man kann in diesem Rahmen nicht alle Mühlen und ihre Bedeutung aufzählen. Es sollen hier nur die bekanntesten und wichtigsten erwähnt werden. Die Komturei Herrenstrunden wurde bereits genannt. Schon der Ortsname weist neben der Strunde auf die Ordensritter des Malteserordens hin, die wahrscheinlich nach ihrer Ansiedlung durch ihre weltweiten Beziehungen die stärkste wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung des Strundertales verursachten. Im 15. Jahrhundert soll sich ein großer Teil der damals etwa bestehenden 30 Mühlen im Besitz des Ordens befunden haben. Die weiter abwärts gelegene  „0 b e r e D o m b a c h“  ist mit Sicherheit die Keimzelle der Gladbacher Drahtwerke.

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Als nächstes kann man drei wichtige Mühlen im Zusammenhang nennen, nämlich die Papiermühle in Dombach, die Quiris-, später Schnabelsmühle und die Gohrs­müh1e. Diese drei sind die Keimzellen eines weitbekannten Unternehmens, das auch wegen seines Erzeugnisses immer eng mit dem Bach verbunden blieb, der Papierfabrik Zanders.

Die erste Konzession zum Bau einer Papiermühle wurde im Jahre 1582 vom Herzog Wilhelm zu Jülich-Cleve-Berg an den Kölner Bürger Philipp von Fürth vergeben.

Die Baupläne des Konzessionsnehmers (mit 7 Räderwerken) konnten zwar nicht verwirk­licht werden, er schuf aber immerhin zwei vollständige Mühleneinrichtungen. Zuerst ent­stand die Quirlsmühle und als zweite im Jahre 1602 etwas unterhalb die spätere Gohrsmühle. Der Name „Gohrsmühle“ stammt von einem nachfolgenden Besitzer, der neben der Papiermühle auch eine Holzfarbmühle einrichtete. In diesem Zusammenhang wird in den Chroniken auch der Name des Leinen- und Seidenfabrikanten Christoph Andreae aus Mülheim ge­nannt. Die Firma hat in Köln-Mülheim noch bis zum zweiten Weltkrieg gearbeitet und existiert jetzt noch an anderer Stelle. Gohr errichtete auch noch unterhalb der Gohrsmühle auf den Trümmern einer zerfallenen Walkmühle die Cederwa1dmüh1e.

Durch Erbteilungen und Heiraten zwischen den großen Papiermüller-Familien hatten die drei genannten Mühlen eine wechselvolle Geschichte. Das Zandersche Unternehmen, im Jahre 1829 auf der Schnabelsmühle entstanden, übernahm später die Dombach-Mühle und schließ­lich im Jahre 1865 auch die Gohrsmühle. Gleichzeitig schied die Cederwaldmühle durch anderweitigen Besitzwechsel aus der Reihe der Papiermühlen aus. Auch heute noch ist die Firma Zanders eng mit der Strunde verbunden. Außer der Wasser­kraft benötigt eine Papierfabrik noch sehr viel gutes Wasser. Weil aber der Bach auf dem Wege von Herrenstrunden bis Bergisch Gladbach industriell verunreinigt wird, entnimmt die Firma Zanders für ihre Zwecke Wasser von der Quelle und führt es in einer eigenen Rohrleitung zum Werk.

Noch zwei weitere Papier- bzw. Pappenfabriken arbeiten jetzt in früheren Mühlen. Das sind die Firmen Poensgen & Co. (Kippemüh1e und Wachendorff (Kradepoh1smüh1e).

Es folgten am weiteren Bachlauf mehrere Walkmühlen. Unter ihnen sind die Gronauer- die Schlodderdicher-, die Duckterather- und Gierather Mühle zu nennen. Die Duckterather Mühle arbeitet jetzt noch als Gipsmühle. Hier in der Gegend begannen die ausgedehnten Sümpfe der sogenannten Mittelterrasse, in denen die Strunde versickerte, bis man ihr vermutlich in der Frankenzeit ein künst­liches Bett bis zum Rhein schuf. Die Strundener Müh1e war ursprünglich Getreidemühle und gehörte zum Mühlen­hof. Im 15. Jahrhundert wurde sie von den Johannitern übernommen und zu einer Pleiß ­und Schleifmühle umgebaut. Sie arbeitete als solche für die Schwertfegerzunft. Die Hardtmüh1e, ursprünglich zum Hardthof gehörig, ging am Ausgang des Mittel­alters ebenfalls in den Besitz der Komturei über. Sie wechselte mehrmals ihre Bestimmung. Heute besteht sie noch als Gipsmühle. Der Bach treibt aber nicht mehr ihre Mühlräder, sondern wie auch bei der Duckterather Gipsmühle -Elektromotoren. Eine noch von der Hardtmühle bekannte Sage berichtet, daß dort zu mitternächtlicher Stunde Hexen in Katzen-gestalt erschienen. Ein für die Nachtarbeit bestimmter Müllerbursche stellte sich, mit einem Säbel gewappnet, in einen vorbereiteten „Hexenkreis“. Da die Katzen die Kreislinie nicht überschreiten konnten, versuchten sie ihn mit den Krallen zu erreichen. Dabei schlug der Bursche einer von ihnen die Pfote ab. Am anderen Tage erfuhr er, daß eine der Nachbarsfrauen krank zu Bett lag, weil sie einen Unterarm verloren hatte. Die Thurner Müh1e, heute ebenfalls ein elektrisch betriebenes Sägewerk, war ur­sprünglich die Getreidemühle des Thurner Hofes, des Sitzes der Bachgrafen für den mitt­leren Bachlauf.

Westlich der alten Zollstraße, der jetzigen Mielenforster Straße, lag die Fellmühle. Wie der Name sagt, war sie zur Verarbeitung von Fellen eingerichtet. Später diente sie ebenfalls als Gipsmühle. Weiter abwärts, mitten im jetzigen Fabrikgelände der Firma „Radium Gummiwerke“ klapperte die Grafenmüh1e. Der Grafenmühlenweg erinnert noch an sie. Sie gehörte den Landesherren, den Grafe von Berg, und übte für ein be­stimmtes Einzugsgebiet Mahlzwang aus. Aus dem 3ojährigen Kriege wird uns von dieser Mühle ein schlimmer Raubüberfall berichtet. Die Räuber steckten die Mühle in Brand, nachdem sie sämtliche Einwohner vorher zu Tode gefoltert hatten. Die Mühle wurde zu Anfang dieses Jahrhunderts von der Firma „Radium“ aufgekauft, die sich von England kommend hier neu ansiedelte. Aus der Mühle entstand die heutige umfangreiche Werksanlage, die ihre Erzeugnisse in alle Welt liefert.

Bild: Udo Müller  /   Bild kann durch anklicken vergrößert werden.
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Die Idde1sfelder Müh1e gehörte zum Gut Iddelsfeld, dessen Begründer, die Ritter von Iddelsfeld, erstmals im Jahre 1150 erwähnt werden. Die Mühle ist aber gewiß jünger, als das Gut. Hier war der Sitz des Bachgrafen für den unteren Bachlauf. Jetziger Eigentümer ist die Stadt Köln. Die Mühle ist zwar unbenutzt aber noch funktionsfähig.

Vor 100 Jahren wurde bereits die Schweinheimer Müh1e als Getreidemühle er­richtet. Im Jahre 1873 entstand aus dieser Mühle eine kleine Fabrik, die Pack-, Fliegen- und Pergamentpapiere herstellte. Später entwickelte sich hieraus unter der Leitung der Gebrüder Martin eine Baumwollbleicherei. 1950 übernahm die Pharma-Faser GmbH diesen Betrieb und stellt seit dieser Zeit Verbandsstoffe her. Die Wichheimer Mühle war ursprünglich eine Ölmühle. Später diente sie als Korn­branntwein-Brennerei.

Unterhalb der Stelle, an der der Strunderbach über den Faulbach geleitet wird, liegt zwischen den Gütern Haus Schlagbaum und Haus Herl die Her1er Müh1e. Ihre erste Erwähnung stammt aus dem Jahre 1325. Damals war sie Teil einer Schenkung des Kaisers an die Abtei Deutz. Die Herler Mühle hat noch nach dem zweiten Weltkrieg als Getreidemühle gearbeitet. Der Bach verläßt jetzt die ehemalige Bürgermeisterei Merheim und tritt in den Bereich der größten Ansiedlung seines Laufes, der Stadt Mülheim am Rhein (jetzt Köln-Mülheim). Der Name ist eine fränkische Sprachschöpfung und bedeutet so viel wie „Heim (Haus) an den Mühlen“. In Mülheim hat es eine Reihe von Mühlen gegeben, die allerdings nicht nur durch den Strunderbach, sondern auch durch den Rheinstrom und die Kraft des Windes getrieben wurden. Nimmt man hier aber einmal das Ende vorweg, so ist festzustellen,

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daß die durch den Strunderbach betriebenen Mühlen am längsten bestanden haben.

Da sich die Stadt Mülheim seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts stürmisch entwickelte und in ihr eine Reihe großer Industrieunternehmen entstanden, traten die Mühlen als Klein- und Kleinstbetriebe etwas in den Hintergrund. Sie blieben hier nicht mehr, wie dies in den ländlichen Gemeinden der Fall ist, so ausschlaggebend für das Gesamtbild, aus dem sie sich vor- und zunach verloren. Daraus kann man sich auch erklären, daß uns die Namen und Standorte der Mühlen nur sehr unvollständig überliefert wurden. In einem schriftlichen Bericht über Gefällemessungen im Jahre 1775, der sich in der Sammlung des Pfarrers Hillmann befindet, werden folgende Mühlen erwähnt: Buchheimerhofmühle, Markermühle, Bringsmühle, Dominikusmühle, Haus-, Kraut- und Bochackersmühle. Der Bericht ist aber unvollständig und man darf ruhig damit rechnen, daß es sich hierbei um die Vermessung eines Teiles der Mühlen aus besonderem Anlaß handelte. Die genannten Mühlen lagen aber alle am Strunder Bach. Bendel berichtet in seiner „Geschichte der Stadt Mülheim“ von zwei kurfürstlichen Cameralmühlen, von denen die eine eine Mehl- und die andere eine Ölmühle war. Die Cameralmühlen wurden im Jahre 1698 vom Landesherrn in Erbpacht vergeben, die aber nur bis zum Jahre 1740 bestehen blieb. Weil man in der kurfürstlichen Verwaltung bessere Erträge wünschte, änderte man die Erbpacht in eine Zeitpacht.

Papiermäßig hatten die Cameralmühlen auch bis etwa 1800 das Mühlenbannrecht (Mahl­zwang für ein bestimmtes Einzugsgebiet). Man hat aber dieses alte Recht nicht mehr sehr ernst genommen. Schon aus dem Jahre 1746 wird berichtet, wie der Kurfürst Karl-Theodor einen Antrag, in dem ein Pächter um Durchsetzung des Mahlzwanges bat, mit dem Be­merken ablehnte, er möge seine Anlieferer so behandeln, daß sie von selbst zu ihm zurückkämen.


Bereits kurz nach der Erfindung des Schießpulvers wurde auch eine Pulvermühle in Mülheim erbaut. Das Lager dieser Mühle, der „Pulverturm“, wurde im Jahre 1776 auf vielfaches Drängen der Bevölkerung aus der jetzigen Hafengegend an den östlichen Stadtrand ver­lagert, wo er in gebührendem Abstand von jedem bewohnten Haus stand. Daß es bei so vielen Interessenten oft Streit um die Rechte und Pflichten der Anlieger besonders der gewerblichen Betriebe gab, ist verständlich. Schließlich waren auch noch die Besitzer der 7 Wasserburgen, die am Laufe des Strunderbaches lagen, stark interessiert. Die Grafen von Berg erließen als Landesherren aus diesem Grunde schon im Mittelalter eine Bachordnung, die uns leider nicht erhalten ist. Eine spätere Fassung aus dem Jahre 1773 ist dagegen noch erhalten geblieben. Für die richtige Beachtung und Ausführung der Ordnung war der Bachgraf verantwortlich. Ihm stand ein Bachbote (Polizist) zur Verfügung, welcher die ständige Überwachung ausübte. Zum jährlichen Bachgericht (Bachgeding) fanden sich beim Bachgrafen 17 angesehene Anlieger, die Bachschöffen, ein. Dieses Bachgeding war befugt, Ordnungsstrafen wegen Verletzung der Bachordnung zu verhängen, die oft sehr schwerwiegend waren. Ein schriftliches Protokoll eines Bachgedings aus dem Jahre 1730 befindet sich in der Sammlung Hillmann, die im Historischen Archiv der Stadt Köln auf­bewahrt wird.

 

Schon durch die Erfindung des Schießpulvers verloren die Wassergräben um die Burgen ihre Wirksamkeit. Diese Aufgabe des Baches wurde also in den nachfolgenden Zeiten immer mehr überflüssig. Viel einschneidender und für die Nutzung des Baches bedeutungsvoller wirkten sich aber die Erfindungen der Dampfmaschine und später die Entdeckung und Nut­zung des elektrischen Stromes aus. Die Wassermühlen gerieten jetzt gegenüber den moder­nen Werken bezüglich der Leistungsfähigkeit und der Rentabilität ins Hintertreffen und eine Mühle nach der anderen stellte den Betrieb ein. Diese Rückwärtsentwicklung hat die jetzt lebende Generation noch kennengelernt. Wir haben es noch miterlebt, wie auch die letzten Mühlen nach und nach abgebaut wurden.

 

Schaut man heute in das Bachbett, so möchte man den Bach fast mir einem müden alten Greis vergleichen, der nicht mehr gebraucht wird. Das stimmt aber nur zum Teil. Wenn auch das Wasser durch viele Industrieanlagen verunreinigt ist, so hat es doch noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Auf seinem Wege durchläuft es unsere Kanalanlagen und hält sie sauber, zum Wohle der allgemeinen Volksgesundheit. So ist der Strunder Bach auch weiter­hin nützend tätig für die Bewohner seiner Ufer, wenngleich die letzteren heute zum Teil unterirdisch verlaufen.

gez. A. Görgens

Heimatverein Köln-Dellbrück e.V.

„Ahl Kohgässer“